Tag 44: Musik


Veronika und ich liebten ja Musik, nicht nur zum Zuhören, irgendwie haben wir auch immer selbst Musik gemacht. Sie sang bis kurz vor ihrem Tod in einem Jazzchor, genannt "Chorophäen", außerdem lernte sie seit 2020 zusammen mit Sonja Gitarre. Schon in jungen Jahren hatte sie Klavier gespielt, zeitweise auch Geige und Oboe. Zu erwähnen bleibt, dass sie aus einer Musikerfamilie stammte: Ihre Mutter war Opernsängerin, der Vater Lehrer für Kirchenmusik.

Ich habe weniger professionellen Hintergrund, spiele aber gerne Geige und Bratsche (Violine und Viola). Veronika ertrug meine verbissenen Tonleiter- und Doppelgriffübungen immer sehr geduldig. Für mich hatte und hat Musik auch immer etwas Tröstliches und Beruhigendes. Mein Musikgeschmack ist anders als Veronikas es war: Sie liebte es eher zeitgenössisch, bei mir galt und gilt: Je oller, je doller. Renaissance, Barock und Klassik gehen mir sehr nah, je nach Stimmung. 

In meiner momentanen Phase begleiten mich folgende Musikstücke auf meinem Weg ins neue Leben. Ich habe zu Einspielungen bei YouTube verlinkt, es öffnet sich dann YouTube in einem separaten Browserfenster.



Aus dem Film "Die Siebente Saite" (frz. Tous les matins du monde), ein Satz für Gambe solo. Der Protagonist des Films zieht sich in seine Gartenhütte zurück und tritt dort in den Dialog mit seiner verstorbenen Frau:


eingespielt von Jordi Savall (nicht im Bild)


Fast schon ein Klassiker, angeblich ist Mozart über den ersten Takten dieses Satzes gestorben, ein Schüler musste es zu Ende schreiben:

W. A. Mozart (1756 - 1791), Requiem (KV 626): Lacrimosa 

hier unter der Leitung von Jordi Savall mit Le Concert des Nations


Für mich als begeisterter Bachianer eine der innigsten Melodien, übrigens die gleiche Tonart wie das Mozart-Requiem:

J.S. Bach (1685 - 1750), Suite für Violoncello solo No. 2, d-moll (BWV 1008): Sarabande

hier gespielt von Yo Yo Ma. Nicht explizit als Trauermusik komponiert, aber mir geht es sehr ans Herz


Wer uns kennt, weiß, dass wir drei Jahre in Polen gelebt haben. Von dort stammt dieser "Schlager":

Czesław Niemen (1939  - 2004), Wiem, że nie wrócisz

ein polnischer Sänger und Liedermacher, den wir gerne gehört haben. Der Titel des Liedes heißt auf Deutsch: "Ich weiß, das du nicht zurückkommst."


Etwas bekannter vielleicht. Die irische Sängerin Enya (* 1961):


Sonst denkt ihr noch alle, wir mochten und mögen nur "Klassik"!

Dennoch zu guter Letzt: Für mich eines der unglaublichsten und immer noch rätselhaftesten Stücke. In der Musikgeschichte existiert die Theorie, dass Bach diese 256 Takte komponiert hat, nachdem er von einer Dienstreise aus Karlsbad an seinen damaligen Dienstort Köthen zurückgekehrt war und vom Tod seiner ersten Frau Maria Barbara erfahren musste. 1720 bestand keine Möglichkeit, ihn vom Tod seiner Frau zu unterrichten, er fand sich sozusagen vor vollendeten Tatsachen, seine Frau war bereits beerdigt worden. Hier zum Nachhören (Achtung lang!):


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