Tag 39: Hallo neue Schule, hallo Alltag!

Sonja hatte heute ihren ersten Schultag an der weiterführenden Schule, der Bonifatiusschule 2. Sie war - erwartungsgemäß - nervös, weil  sie nicht wusste, was  auf sie zukommen würde. Für mich ist damit die Schonfrist vorbei: Ab kommender Woche muss ich als alleinerziehender Vater funktionieren: Jeden Tag aufstehen, dafür sorgen, dass Sonja alles dabei hat, dass Sonjas Frühstücksdose gefüllt ist, an Elternabenden teilnehmen, bei Bedarf Nachhilfe geben und wahrscheinlich noch mehr, von dem ich noch gar nicht weiß, dass es gemacht werden muss. 

Veronika hat sich immer um solche Dinge gekümmert, sie hat es gerne gemacht und war eine tolle Mutter. Sonja weiß auch, dass sie mit ihrer Mama das ganz große Los gezogen hatte, was Zuwendung, Fürsorge und Geduld betrifft. Ich werde bei Sonja die entstandene Lücke nicht ansatzweise füllen (können) - ja solche Gedanken habe ich von Zeit zu Zeit. Somit komme ich zu einer steilen Lernkurve, aber das hält ja angeblich fit. 

Veronika in der 32. Schwangerschaftwoche

Erste Schulltage sind - so weit ich das kenne - eine kurze Angelegenheit: Man geht zu einer wie auch immer gestalteten Einschulungsfeier, danach gehen die Kinder in ihre Klassen, lernen sich untereinander und Lehrerin oder Lehrer kennen, dann ist das Ganze erledigt. Sonjas neue Schule ist eine quasi kirchliche Einrichtung, Schulträger ist das Bistum Hildesheim. Somit war die Einschulungsfeier eine katholische Andacht. Der Priester war mir vom Sehen bekannt. In der Predigt sagte er: "Liebe Kinder, liebe Eltern, in den Sommerferien, die hinter uns liegen, haben wir Dinge gemacht, die uns Spaß machen." 

Er meint das ja gut, aber das, was Sonja und ich jetzt in der Ferien gemacht haben, hat mit Spaß m. E. nicht so viel zu tun. Manchmal hilft nur Sarkasmus. Nach dem Schultag gingen wir durch die Stadt. Die Sonne hatte zu voller Kraft gefunden, die Temperaturen passten dazu. Vor dem Alten Rathaus stand gerade eine Hochzeitsgesellschaft. Das sind Momente, die für mich sehr schwer zu ertragen sind: Unweigerlich kommt die Erinnerung an Veronikas und meine Hochzeit hoch. Und dann kommt dieses fiese Gefühl hoch, das mir einfach nur sagt: "Sie ist tot. Es ist vorbei. Du musst dich daran gewöhnen und damit abfinden, dass du sie nie wieder berühren wirst." 


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