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Tag 377: Sommerfest

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Wie angekündigt haben wir gestern - gut ein Jahr nach dem Todestag - bei uns gefeiert. Wir haben mit Teilen der Familie und Freunden das Weiterleben gefeiert. Dank des schönen Wetters konnten wir in unserem - derzeit nicht ganz optimal gepflegten - Garten feiern. Es hat mich gefreut, dass Menschen aus völlig unterschiedlichen Umfeldern zusammengekommen sind, zeigt sich daran doch, welche Lebensphasen Veronika und ich gemeinsam durchlebt haben und mit wie vielen unterschiedlichen Menschen wir dabei zu tun haben durften. Es waren auch Gäste da, die erst nach Veronikas Tod in unser Leben gekommen sind.  Zudem rührt es mich, wenn Freunde extra mehrere hundert Kilometer anreisen, um Sonja und mich zu sehen, sich mit uns an Veronika zu erinnern, aber auch den Blick auf die schönen Seiten des (Weiter-)Lebens zu richten. Besonderen Dank an Anja aus München und meine Mutter, die bei den Vorbereitungen großartiges geleistet haben: Ich konnte mich um das Aufbauen der Tische und Bereitstellen der

Tag 370: Die Macht des Schicksals

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Die Überschrift dieses Beitrags ist auch der Name einer Oper von Giuseppe Verdi. Der Schicksalsbegriff ist in so ziemlich allen Kulturen bekannt und steht für eine Abfolge von Ereignissen, die sich der Kontrolle der Menschen entzieht. Gemeinhin kommt sie von einer höheren Macht. Hier kommen gerne eine oder mehrere Gottheiten ins Spiel, je nach religiöser Weltanschauung. Das Ganze, ob erfreulich oder unerfreulich, wird den Menschen eben geschickt. Das schließt negative und positive Ereignisse gleichsam mit ein.  Besonders unerfreuliche Ereignisse und deren Folgen werden gerne auch als Schicksalsschlag bezeichnet. So wie ein Schlag ins wehrlose Gesicht. Eine Krebsdiagnose ist natürlich ein klassisches Beispiel für so einen Schicksalsschlag. Eine erneute Krebsdiagnose bei einem Rückfall ist wie ein Schlag in die Kniekehlen, wenn man gerade wieder aufgestanden ist. Auf solche Schläge würde man sehr gerne verzichten. Es waren nur unglückliche Ereignisse, die so verkettet waren, dass ich mit

Tag 366: Annus Luctus

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Liebes Trauerjahr, während ich heute - an Veronikas Todestag - an dich schreibe, sitze ich an der Ostsee. Es regnet, die Luft weint Tränen ins graue Meer, das sich irgendwo in der Ferne unmerklich mit dem grauen Himmel vereint. Es ist fast windstill, der sanfte Hauch sagt aber: Es gibt eine Zeit nach dem Regen. Vor einem Jahr war ich an der Nordsee und musste überstürzt abreisen, weil es mit Veronika zu Ende ging. Heute darf ich bleiben. Du merkwürdiges, ungewohntes und langes Trauerjahr, jetzt bist du zu Ende. Ich habe dich nicht gewollt, Sonja sicher auch nicht. Aber Sonja und ich sind durch dich hindurchgegangen.  Obwohl ich dich nicht zu mir gebeten habe, möchte ich dir danken. Du hast mich etwas gelehrt, was viele nicht in meinem Alter lernen dürfen: das Weiterleben. Sich Widerständen zur Wehr zu setzen, volle Verwantwortung für Kind, Hund und Haus zu übernehmen und sich dabei zuzugestehen, nicht perfekt sein zu müssen. Wie ich finde, alles sehr wichtige Themen.  Es war keine leic

Tag 364: Westerland

Die Ärzte hatten lange an Veronikas Schmerzkonzept gearbeitet. Es beinhaltete während ihres Aufenthalts auf der Palliativstation auch die Gabe starker opioidhaltiger Medikamente. Diese haben starke Nebenwirkungen und führen zu Somnolenz. Sie war daher in den letzten Tagen kaum noch ansprechbar. Heute vor einem Jahr war ihr letzter vollständiger Tag auf diesem Planeten. Sonja und ich machten von Husum aus einen Tagesausflug nach Westerland auf Sylt, bei dem wir diverse Abenteuer mit der Deutschen Bahn erlebten. Ich habe Veronika am Spätnachmittag dieses Video gesendet, das unsere Hündin Isa am Hundestrand von Rantum zeigt. Sie fragte daraufhin per Signal: "Wauwi (so riefen wir Isa manchmal) und Sonja geht's gut, oder"? Ich antwortete ihr: "Wie war's mit Lena?" (Unsere Freundin Lena war die letzte, die bei ihr war). Mit diesen Sätzen verstummte unser Dialog. Ich wusste nicht, dass es das letzte war, was ich von ihr hören sollte. 

Tag 361: Wieder an die Ostsee

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Heute vor einem Jahr war das letzte Mal, dass ich sie lebend sah. Sonja und ich besuchten Veronika zusammen auf der Palliativstation. Tags darauf fuhren wir nach Husum an die Nordsee. Ich hatte damals eine leise Ahnung, als ich mich verabschiedete, hatte aber die Worte der Ärzte im Ohr, die von einigen Wochen sprachen. Während ich das schreibe sitze ich - wieder mal - mit Sonja im Zug ans Meer, draußen fliegt gerade Northeim vorbei. Unser Ziel heißt Eckernförde, an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Wir hatten - im gleichen Hotel - einen Aufenthalt vom 12. Juli bis 18. Juli 2023 geplant. Gebucht hatten wir das schon im Herbst 2022, damals schien die Krankheit gerade gut unter Kontrolle. Am 30.6.2023 mussten wir diesen Aufenthalt schweren Herzens stornieren. Es sind Ereignisse irgendwo tief in der Vergangenheit, in meinem bzw. unserem "Leben 1.0".  Sonja wünschte sich, dass wir diese Reise nachholen, was wir seit heute tun. Wir werden bis zum 11.7 bleiben, somit verbrin

Tag 354: Ein Jahr alleinerziehend

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Vor einem Jahr hat Veronika unser Haus verlassen um nie zurückzukehren. Es war ursprünglich eine spezielle Behandlung ihrer Hautmetastasen geplant - ein seltener und nicht ganz unkomplizierter Eingriff. Die Liste der Nebenwirkungen liest sich alles andere als angenehm. Maan könnte sagen: Die Ärzte haben alles versucht, was in ihrer Macht stand, aber die Menschen sind gegen die Natur oft machtlos.   Und so kam es, dass Veronika - wohl aus einer gewissen Intuition heraus - mich am Vormittag des Folgetages anrief, sie habe auf den Eingriff verzichtet.  In gewisser Hinsicht hatte sie ihr diesseitiges Leben aufgegeben: Der Wunsch nach einer Unterbringung in einem Hospiz war immer deutlicher geworden. Mit Sicherheit wollte sie nicht, dass Sonja ihre Mutter in diesem Zustand sieht.  Und so endete an jenem 28. Juni mitten im Sommer 2023 unser Familienleben unwiederbringlich. Obwohl Veronika noch am Leben war, war ich von da an alleinerziehender Vater.

Tag 352: Anfang vom Ende

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Gerade verbringen Sonja und ich ein paar Tage in Brandenburg an der Havel, weil ich da schon immer mal hin wollte. Zudem sind seit Kurzem Sommerferien und ich wollte einfach mal raus. Es ist schön hier, und obwohl wir wegen des warmen Wetters nicht viel unternehmen, genieße ich die Auszeit von meiner 24/7-Einsatzbereitschaft, zumindest ruht die Hausmannaktivität, was schon mal eine deutliche Entlastung ist.. Heute vor vier Jahren war - streng genommen und medizinisch gesehen - der Anfang vom Ende: Veronika war zu einer Nachsorgeuntersuchung in der Uniklinik. Schon die Woche davor hatte sich eigenartigerweise sehr seltsam angefühlt. Umso unruhiger war ich an jenem Freitag: Es war gerade teilweise Schulschließung aufgrund der Covid-19-Pandemie und so war ich mit Sonja zu Hause und betreute sie beim Homeschooling. parallel dazu ging ich meiner Arbeit nach, als Freiberufler war ich ja immer im Homeoffice. So recht konnte ich mich nicht konzentrieren und ging angespannt und nervös im Wohnzi