Tag 97: Basel - Ospizio Bernina
Unsere heutige Route
Heute sind wir einigermaßen früh aufgestanden, ich habe unsere Hundedame ausgeführt und wir sind nach dem Frühstück mit der Trambahn zum Bahnhof Basel SBB gefahren. Um kurz nach halb zehn saßen wir im InterCity Richtung Chur. Bei wolkenverhangenem Himmel ging es zunächst am Südufer des Zürichsees, dann am Walensee und schließlich am Rhein entlang nach Chur.
In Chur lebten früher meine Stiefgroßeltern Paul und Heidi, ich habe sie gerne besucht. Das letzte Mal war ich dort im Frühjahr 1998. Ich war im dritten Semester und Veronika und ich hatten gerade unser Einjähriges gehabt. Heute sind wir im Rahmen der obligatorischen Hunderunde zu dem Haus in der Lürlibadstraße gegangen, wo sie wohnten und ich mich immer ganz wohl fühlte. Ich wollte Sonja zeigen, dass sie ja über Ecken eine Verbindung in die Schweiz hat. Ich kam sogar mit einer Nachbarin ins Gespräch, die sich noch an Heidi erinnerte.Von Chur ging es weiter mit dem Bernina-Express bis zum Berninapass im Kanton Graubünden. Das ist eine ziemlich touristische Bahnfahrt und bei Reisenden aus aller Herren Länder beliebt. Die gesamte Strecke ist Teil des UNESCO-Weltkulturerebes. Man sollte sich immer klarmachen, dass der Bau einer solchen Bahnlinie mit den einfachen Mitteln des frühen zwanzigsten Jahrhunderts erfolgt ist, mit wenig Maschinen- und umso mehr Muskelkraft und teilweise unter Lebensgefahr.Immer wieder geht es durch Tunnel und über eindrucksvolle Viadukte, unter anderem über den weltberühmten Landwasserviadukt. Veronika hatte zwar große Teile ihrer Kindheit am Alpenrand zugebracht, war aber nicht besonders interessiert an alpinen Landschaften. Wahrscheinlich hätten wir diese Reise mit ihr so gar nicht unternommen. Ich frage mich immer wieder, ob es mir gelungen wäre, sie dafür zu begeistern. Sonja liebt - im Gegensatz zu ihrer Mama - die Berge, wie sie mir immer wieder versichert.
Am Nachmittag um Viertel nach vier war unser Ziel erreicht: Der Bahnhof Ospizio Bernina. Es war sonnig aber windig, die 50 Meter Anstieg zum gleichnamigen Hotel verlangten vor allem Sonja einiges ab. Ich erinnere mich, dass ich als Kind auch deutlich kälteempfindlicher war als heute. Auch war froh, als wir unser Quartier erreichten, so richtig ausgerüstet für winterliche Temperaturen war eigentlich nur Isa.
Wir checken gegen halb fünf im Hotel ein. Im Bernina Hospiz. Hospiz ist hier die übliche Bezeichnung für ein Gasthaus auf einem Alpenpass. Der Blick aus dem Fenster auf die karge Landschaft und die vereinzelten schneebedeckten Gipfel ist ebenso überwältigend wie der eisige Wind vor der Tür. Sonja und ich beenden den Tag mit einem Schweizer Käsefondue. Der Sinn und Zweck dieses Gerichts erschließt sich bei der Vorstellung, wie die Menschen vor dem Bau der Eisenbahn die Alpenpässe überquert haben. In den Gängen hängen noch Bilder von den alten Saumwagen, die das einzige Mittel waren, mit dem die Menschen die Berge früher einigermaßen bezwingen konnten.
Unsere Hundedame fordert dann am Abend noch ihren Tribut und bringt mich nochmal dazu, einen Fuß in die kalte Bergnacht zu setzen. Ich bin ihr dankbar, denn so kann wenigstens ein kleiner Teil des Käsefondues noch in den Stoffwechsel überführt werden. Ich hoffe, meiner Leserschaft gefällt es, dass ich diesen Trauerblog für kurze Zeit zu einem Reiseblog umfunktioniere, aber Trauer ist ja irgendwie auch eine Art Reise - in ein neues Leben.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen