Tag 257: Jubeltag

Nach 28 Jahren habe ich gestern den Übergang in mein neues Lebensjahr erstmalig wieder ohne Veronika gefeiert. Genau wie 1996 fiel mein Geburtstag heuer auf einen Freitag. Gefeiert habe ich im engsten Familien- und Freundeskreis. Man könnte sagen, ich habe einen weiteren Schritt im ersten Trauerjahr hinter mich gebracht, den ersten eigenen Geburtstag "ohne". 

Dass ich einen schönen, entspannnten und auch lustigen Abend hatte, zeigt mir, dass das Leben weitergeht und die schönen Dinge im Leben und Trauermomente sich nicht gegenseitig ausschließen. Veronika und ich haben seit der Rückfalldiagnose im Sommer 2020, aber insbesondere, seit klar war, dass der Krebs nicht mehr zu heilen wäre, viel gelernt: Uns ist es in den Jahren 2021 und 2022 gelungen, trotz des sich auftuenden Abgrunds unser Leben immer wieder aufs Neue zu bejahen, jeden Tag als kostbares Geschenk zu begreifen und ihn so zu leben, als sei es der letzte (gemeinsame). Seit dem letzten Sommer ist es mir gelungen, diese zwei sich auf den ersten Blick ausschließenden Lebenskonzepte Zurückschauen und Weiterleben gleichzeitig zu umfassen und täglich umzusetzen. Ich habe an der Situation nie etwas beschönigt, und mir doch schöne Momente und Situationen zu schaffen. Sonjas und meine letzte Reise ins Unterengadin war ein gutes Beispiel dafür: Wir konnten uns beide richtig an und auf diesen Trip freuen und haben wieder gesehen, wie reich und inspirierend unser Leben sein kann.

Ich wünsche mir, diese Fähigkeit in meinem neuen Lebensjahr weiter zu entwickeln, eine neue Version von mir zu werden, ohne so zu tun, als hätte es die alte nie gegeben. Heute bin ich zuversichtlich, dass das mir gelingen wird - und Sonja auch.   

Kommentare

  1. Alles Gute zum Geburtstag! Möge es ein erfülltes, gesundes und immer wieder auch glückliches neues Lebensjahr werden!

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