Tag 115: Hilfe - und ein Aufruf
Wer in so einer Situation wie Sonja und ich ist, holt sich vernünftigerweise Hilfe oder sucht zumindest den Austausch mit Leidensgenossen. In jedem Ort gibt es für solche Zwecke Trauergruppen. Man muss sich das im Wesentlichen als moderierte Gesprächskreise vorstellen. Es kann dabei durchaus auch heiter zugehen. Der Nutzen für Trauernde besteht im Wesentlichen darin, dass es sich um geschützte Räume handelt, in denen alles, aber auch wirklich alles an- und ausgesprochen werden darf. Die Palette reicht von hochemotionalen Themen bis hin zu lebenspraktischen Fragestellungen wie zum Beispiel dem Papierkrieg mit der Rentenversicherung. Es können sich in solchen Gruppen auch Freundschaften ergeben - ich habe auch schon von Paaren gelesen, die sich auf solchem Weg kennen lernen durften.
Sehr oft - und das liegt in der Natur der Thematik - sind in den Gruppen überwiegend deutlich ältere Semester vertreten als ich. Ich habe zweimal eine Trauergruppe aufgesucht, in der ich durch meine pure Anwesenheit das Durchschnittsalter deutlich gesenkt habe. Es war interessant zu hören, wie meine Vorgängergeneration mit dem Verlust des - in der Regel - Ehemannes umgeht. Hier denken viele nicht mehr an das Weiterleben, sondern ziehen sich zurück. Es kommt vor, dass die Trauergruppe für diese Menschen die einzige Anbindung an die Außenwelt ist. Ich habe es bei der einmaligen Teilnahme belassen, in meinem Alter hat man eben doch noch andere Anliegen und eine andere Herangehensweise an das Thema.
Für meine und Sonjas Altersklasse ist es schwieriger, etwas zu finden. Das zeigt auch, dass jüngere Verwitwete und Kinder, welche Vater oder Mutter verloren haben, eben doch - zum Glück - eine Randerscheinung sind. Bei jüngeren und Kindern ist insbesondere die Nicolaidis-Youngwings-Stiftung bekannt. Sie sitzt in München, bietet aber auch Trauergruppen per Videokonferenz. Ich wollte aber - bei all meiner Online-Affinität - auch eine analoge Gruppe - sprich in Präsenz - finden, vor allem auch für Sonja.
In meiner Heimatstadt Göttingen bin ich leider nicht fündig geworden, aber zwei Bahnstationen weiter nördlich - in der Kleinstadt Northeim - fand ich einen Verein, der für Sonjas und meine Bedürfnisse gleichermaßen das passende Angebot hatte: Es handelt sich um den Ambulanten Hospizdienst Leine-Solling e.V.. Dort wird Sonja ab kommender Woche eine Trauergruppe besuchen, ich habe dies bereits einmal getan und fand, dass die Chemie zwischen mir und den anderen stimmte.
Derartige Angebote leben zum großen Teil von Freiwilligen, Ehrenamtlern und Spenden. Die Macher solcher Initiativen leisten meiner Meinung nach oft Großartiges leisten - neben Familie und Berufstätigkeit. Ich möchte - und das wird die einzige "Werbung" in diesem Blog bleiben - auf eine Aktion hinweisen, die "unseren" (Sonjas und meiner) Trauergruppen nutzt:
Die Sparkasse Northeim vergibt einmal jährlich einen Preis für den besten Verein. Der Förderverein LuToM (Liebe und Tränen ohne Mauern) e.V. in Northeim ermöglicht die Arbeit der ehrenamtlichen Trauerbegleiterinnen, die Sonja und mich gerade unterstützen. Ich möchte euch also bitten, bei der Abstimmung für den besten Verein im Landkreis Northeim mitzumachen (geht bis 30.11.2023) und dem genannten Verein eure Stimme zu geben. Ihr tut damit nicht nur den Ehrenamtlern in der Trauerbegleitung einen Gefallen, sondern indirekt auch Sonja und mir. Ich danke euch für eure Unterstützung.
Zur Abstimmung:
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